- Man sucht das Glück durch Erfolgserlebnisse, indem man den Rechner besiegt (Ninja Gaiden) oder einen menschlichen Gegner (Street Fighter)
- Das Spiel erzählt eine halbwegs spannende Geschichte und der Spieler will ein Teil davon sein und wissen, wie es ausgeht (Mass Effect).
- Eigentlich reicht es vollkommen aus, der Musik zuzuhören aber man kriegt noch ein Spielchen dazu, mit dem man sich während des Zuhörens beschäftigen kann (Castlevania).
- Das Spiel bietet eine Nebenbeschäftigung, während man sich mit seinen Freunden unterhält (Uno)
- Als Kind durfte man nicht mit Barbiepuppen spielen. Um das zu kompensieren will man sich jetzt in Computerspielen funky Kleidung und ein Pony erarbeiten, das man dann anderen zeigen kann (World of Warcraft)
- Das Spiel bietet eine Welt, in der man sich gern aufhält (Okami)
Es gibt natürlich noch mehr Gründe, Spiele zu spielen, sonst würde keiner Too Human kaufen. Die kann ich aber nicht nachvollziehen, deswegen kann ich nicht darüber schreiben. Zurück zu Okami.
Okami ist eins der letzten Spiele des inzwischen aufgelösten Clover Studios von Capcom. Man begleitet einen göttlichen Wolf und seinen mikroskopischen, geschwätzigen Helfer durch einen Mischmasch japanischer Legenden.
Man kann sich darüber streiten, ob es Okami gelingt, wie mit Wasserfarben gemalt auszusehen, es ist auf jeden Fall so, daß im Spiel wunderschöne Bilder dominieren. In größeren Arealen können Texturen auffällig niedrig aufgelöst sein, manchmal tauchen mehrere Pop-ups hintereinander auf und manchmal sitzt die Beleuchtung nachts nicht richtig. Das ist alles vernachlässigbar, wenn man den nächsten der großen Bäume blühen lässt und in einer unvergleichlichen Sequenz ein Meer von Blumen die dunkle Zone vernichtet.
Zusammen mit der guten, japanisch angehauchten Musik, den sympathischen Charakteren, die comichaften, teils witzigen Animationen ergibt das ganze eben die Welt, in der man sich gerne aufhält. Was ist aber mit dem Gameplay?
Capcom Leute haben schon ein paar Handheld Zeldas mitentwickelt und irgendwann dachten sie vermutlich "Das können wir auch ohne die Nintendo-Bichtes". Entsprechend ist der Aufbau von Okami. Zunächst kann man sich nur in einem begrenzten Areal bewegen und nichts machen außer springen und zuschlagen. Im Laufe des Spiels gewinnt man neue Waffen und Fähigkeiten, die den Weg zu neuen Arealen und versteckten Boni freischalten und auch im Kampf eingesetzt werden können. In Okami kommen die neuen Fähigkeiten in Form eines göttlichen Pinsels, mit dem man lernt u.a. Wasser, Feuer, Wind zu kontrollieren und Pflanzen blühen zu lassen. Strenggenommen ist alles von der Idee und von der technischen Umsetzung her gesehen gut aber das Spiel hat ein mächtiges Problem: der Schwierigkeitsgrad.
Ausweichen in den Standardkämpfen lohnt sich nicht. Der Kampf ist schneller vorbei, wenn man stattdessen weiter draufhaut und die Energie, die dem Spieler abgezogen wird, ist vernachlässigbar. Man rüstet immer die stärkste zur Verfügung stehende Waffe aus und dann bestehen die Kämpfe aus zwei Schritten. Mit einer Pinseltechnik den Gegner für einen Angriff "öffnen" und dann auf die Angriffstaste draufhauen. Vom Spieler werden keine schnelle Entscheidungen oder Geschick gefordert. Für die Pinseltechniken wird das Spiel pausiert und draufhämmern ist ...draufhämmern.
Ich habe das komplette Spiel durchgespielt, ohne zu sterben. Strenggenommen stand in den Statistiken am Ende, daß ich vier Mal gestorben bin, allerdings war ich nur zu faul, ins Item Menü zu gehen und mit 4-8 Tasteneingaben ein Energie-Item auszuwählen, wenn der Astral-Pouch beim "sterben" die Energie automatisch wieder regeneriert (so wie die Feen in Zelda). Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ein höherer Schwierigkeitsgrad das Spiel besser machen würde, denn die 55 Stunden Spiel haben mir gereicht.
Ähnlich verhält es sich mit der Schwierigkeit der Rätsel. Die Lösung von jedem Rätsel wird von Issun (den mikroskopischen Begleiter) mehrfach erklärt und die Schlüsselwörter mit roter Schrift markiert, damit man ja keinen Hinweis übersieht. Seine Geschwätzigkeit und die der restlichen Nippon Bewohner hört leider nicht da auf. Das Spiel fängt an mit 20 min Geschwätz. Manchmal gibt es 5 min Geschwätz zwischen einem Speicherpunkt und einem Endgegnerkampf. In der PS2 Version kann man das nicht überspringen. Später kann man ein Killerwal reiten, um schneller durchs Meer zu kommen. Wenn man draufsteigt, fragt das geschwätzige Spiel nochmal, ob ich tatsächlich damit "fahren" will. Ich möchte antworten "Warum bin ich sonst aufgestiegen, du Depp?" Alles wird drei und vierfach erklärt. Wenn die Geschichte zumindest spannend wäre...
Im ersten Drittel wird man durch eine leicht veränderte "rette die Prinzessin"-Geschichte durch das Spiel getrieben. Da hat man noch ein klares Ziel vor Augen. Danach geht das Spiel aber komischerweise weiter und dem Spieler werden willkürlich ab und zu kleinere oder größere Geschichtsbrocken zugeworfen, die am Ende keinen Zusammenhang ergeben.
Ist das Spiel gut? Es gibt bestimmt irgendwo da draußen Leute, für die der Schwierigkeitsgrad von Okami richtig ist. Es gibt sogar Gerüchte, daß es welche gibt, denen Ninja Gaiden zu schwierig ist. Diese Leute können sich Okami zulegen. Dem Rest kann ich das Spiel nicht vorbehaltslos empfehlen. Okami ist eine schöne Erfahrung aber mit dieser Spiellänge geht die "Magie" langsam verloren, während die immer wieder auftretenden Macken zunehmend auffallen.
Hier ist ausnahmsweise eine hilfreiche Information: die Wii Version ist schlechter. Schon in der ersten Welt im Baum gibt es Slowdowns, die es in der PS2 Version nicht gibt. Und selbst am Stellen, wo die Framerate nicht fällt, ruckelt oft die Kamerabewegung. Das Grafik schafft es über Komponentenkabel weniger scharf zu sein als die PS2 Version über RGB an meinem LCD Fernseher. Um zuzuschlagen muß man das Remote schütteln, was anstrengend ist und in Combos manchmal nicht richtig funktioniert. Die Pinselmagien sehen häßlich aus und werden oft nicht erkannt, auch wenn sie richtig gezeichnet werden. Der einzige Vorteil ist das angebotene Breitbildformat, das es auf der PS2 nicht gibt. Ich habe fertig.
4 Kommentare:
Also... das Spiel hat dich mit langweiligen Kämpfen UND Gesprächen genervt und trotzdem hast du es 55 Stunden gespielt... weil du gerne in der "Spielwelt" warst? Wird mir jetzt nicht so ganz klar...
Oder kam die Ernüchterung dann zum Ende hin und des Anstands halber hast du es zu Ende gespielt?
Du hast in jedem Kritikpunkt recht, allerdings verstehe ich nicht, wie Du die Spielwelt scheinbar losgelöst von der Story betrachtest, die für mich bei einem ActionAdventure unlösbar miteinander verknüpft ist. In der Tat hatten die Jungs bei Clover wohl nach dem ersten Kampf gegen Orochi einfach noch genügend interessante Szenarien und witzige Charaktere in der Schublade, allerdings war die Rolle mit dem roten Faden für die Geschichte alle. Daß für Dich dadurch nicht auch die Spielwelt leidet, verwundert mich.
Andererseits sehe ich für meinen Teil, daß Okami einen Teil Deiner anfänglichen Liste zu einem Löwenanteil schafft. Der erste Punkt (Erfolgserlebnis) fällt zwar komplett aus, die Geschichte war, trotz ihrer Aufspaltung und Konfusität, für mich einer der wichtigen Ankerpunkte, der mich immer wieder zurückkehren lies. Ich wollte einfach wissen, was mit Issun und Amaterasu passiert. Für mich sogar noch stärker: Die Musik. Diese kann mit wirklich fantastischen Stücken aufwarten, die mir regelmäßig Gänsehaut beschert haben. Als Nebenbeschäftigung/Partyspiel kann es nicht dienen, ebensowenig als Grinder und Sammelwahn.
Es versagt in manchen Punkten, in vielen anderen glänzt es. Insofern wäre für mich eher die Frage, muss es in einem Punkt ganz besonders glänzen, so wie es Deine Beispiele tun, um empfehlenswert zu sein oder reicht schon ein hohes Niveau in einigen Bereichen? Und was für Schwächen dürfen sich die empfehlenswerten Titel in den anderen Bereichen leisten, um auch in "nicht vorbehaltslos empfehlenswert" abgestuft zu werden?
Dann noch einen Daumen rauf für Dein Blog, bislang konnte ich noch zu keinem Titel groß was sagen (von der generellen BioWare-Schelte mal abgesehen, aber die war erschöpfend. Nimm Dir mal Bethesda vor!), Okami lag mir dann aber am Herzen. Dies also nur als Bestätigung, daß sich Deine Mühen lohnen! ;p
Mac:
Etwas von beidem ist wahr. Außerdem fand ich die Kämpfe nicht nervig sondern einfach nur nicht reizvoll. Nervig sind die Kämpfe in Devil May Cry 3, wenn sich aus dem Nichts Gegner genau neben dir teleportieren und mit der gleichen Bewegung gleich zuschlagen. Sowas gibt es in Okami nicht.
Don:
Was die Trennung zwischen Welt und Geschichte angeht, die man natürlich nur dann so betrachtet, wenn man es darauf anlegt: Ich kann einen Spaziergang im Wald auch ohne geschichtlichen Kontext genießen.
Strenge Regeln für eine Empfehlung stelle ich jetzt nicht auf aber was Okami disqualifiziert, ist daß ich mindestens eine Person kenne, die das SNES Zelda durchgespielt hat, Okami aber nicht spielen würde, weil sie schnell aufgibt, wenn in einem Spiel das Spiel mehr als ein paar Minuten auf sich warten lässt und das ist ein legitimer Grund.
Danke für die Blumen.
Ich verstehe, was Du meinst, ich persönlich hätte aber bei der Prämisse (Spaziergang im Wald zur reinen Bewunderung des Waldes an und für sich) zu sehr das Gefühl, etwas zu verpassen. Ich will dann Pilze sammeln, auf dem Geschichtspfad noch was lernen und das Wildschwein mit einem Ast bekämpfen... Oder auf einen Baum flüchten.
Interessant wäre natürlich die Probe aufs Exempel, ob jene Person dann dennoch Okami weiter spielen würde als nur bis zu Issuns Anfangsmonolog. Zelda:ALttP habe ich allerdings nie durchgespielt, ich elender Loser hab irgendwie den Dreh beim Endgegner nicht gerafft. -.-'
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