Dienstag, 8. Februar 2011

World of Warcraft - die ersten paar Stunden

- Ich weiß jetzt schon, was ihr mir vorwerfen werdet, wenn ich, nachdem ich es gespielt habe, sage, daß es mir nicht gefällt.
- Was?
- Daß ich es nicht lang genug gespielt habe.
- Wie lang hast du vor, es zu spielen?
- 4-5 Stunden?
- Dann siehst du ja nichts vom Spiel!
- Kein Film kriegt soviel Zeit, jemanden zu unterhalten. Wenn das Spiel in den ersten paar Stunden nicht unterhält, dann hat es nach meinem Verständnis versagt.
- Ich wollte Flash Forward nach ein paar Folgen nicht mehr anschauen, habe es aber doch getan, weil es von J.J. Abrahams ist.
- Und hat sich das gelohnt?
- Nein.
- Was lernen wir daraus?
- In ein paar Stunden siehst du aber nichts von der riesigen Welt und die Auktionshäuser und den Handel...
- Die Größe der Welt ist kein Qualitätsmerkmal für mich. Eher die Dichte der Spielelemente.

...und so ging es ewig weiter. Ich habe erwartet, daß mir World of Warcraft nicht gefällt. Es kam noch schlimmer.

Das fängt mit der Grafik an. Hier ist ein Screenshot von World of Warcraft!

Ich habe keine Ahnung, warum mir dieses Spiel in Erinnerung geblieben ist.

Oh, mein Fehler. Das ist ein Screenshot von Azurik, das im Jahr 2001 rauskam auf einer Hardware, die ein Zehntel der Leistung der Mindestanforderungen von Cataclysm erbracht hat. Man kann die Spiele leicht durcheinanderbringen. Hier ist ein Screenshot von World of Warcraft!

Nichtazurik!

Das Spiel hat für meine Hardwarekonfiguration automatisch die dritthöchsten von meist vier Einstellungsstufen ausgewählt. Dafür habe ich meistens 60 FPS gekriegt. Meistens. Höhere Einstellungen bringen nach dem, was ich gesehen habe, keine neuen Effekte sondern eine höhere Objektdichte, höhere Sichtweite und schärfere Schatten. Die Echtzeitschatten sind Unterscheidungsmerkmal Nr. 1, wenn man WoW mit einem Spiel aus dem Jahr 2001 vergleicht. Das zweite sind Diffuse-Specular Maps, womit der Boden stellenweise glänzt, wenn man Richtung Sonne schaut. Das dritte ist ein Shader, der Wellen im Wasser erzeugt. Das vierte ist ...ich hab nichts gesehen. Bump Maps, die seit 2004 gang und gebe sind und zwar selbst auf der Xbox, die 2001 erschienen ist, sind zum Beispiel nicht drin.

Aber wir greifen voraus. Ich kriege also eine Einladung von Ex-Kollegin und Inzwischen-Freundin Tante Lina, damit ich 10 Tage lang World of Warcraft ausprobieren kann. Die Mail enthält einen Link, der mich zu einer Seite führt, die keine Registrierung macht, so wie es gedacht war. Also mußte ich mich manuell registrieren und den Code benutzen, der der Mail beilag. Dann kriege ich eine Seite mit einem Downloadlink, der nicht funktioniert. Ich klicke also auf den Link für sonstige Betriebssysteme und Sprachen und nehm genau das, was vorhin vorgeschlagen war. Es funktioniert.

Es geht los!

Ich muß mich für einen Charakter entscheiden und ihn dann meinem Geschmack entsprechend gestalten. Nur daß ich ihn nicht gestalten kann. Ich kann seine Farbe ändern, seine Hörner und sein Gesicht. Selbst in Phantasy Star Online konnte ich Größe und Breite verändern. In Phantasy Star Online auf dem Dreamcast hatten die Figuren vermutlich ein ähnliches Polygonbudget, nur haben die besser ausgesehen. Ich bin in der Welt. Die Umgebung siehst so aus, als ob sie mit einem Editor für ein Echtzeitstrategiespiel zusammengestellt wurde mit der Height-Map und den identischen Gebäuden, nur sieht man das Spiel nicht von oben. Die Interaktion mit der Umgebung sieht primitiv aus.

Etwas, das zwar auch bei anderen Spielen oft nicht eingebaut ist, mich aber stört ist jegliches Fehlen von Animation-Blending. Das bewirkt, daß verschiedene Animationen übereinandergelegt werden. Damit kann der Oberkörper in Third-Person-Shootern bis zu einem Punkt unabhängig von der Laufrichtung animiert werden. Der Kopf kann sich unabhängig von der vorgegebenen Position sich zu interessanten Objekten in der Spielewelt drehen und die Füße können sich der Bodenhöhe anpassen. Die letzten beiden Dinge gab es in Virtua Fighter 2, das 1994 erschienen ist. Die Kopfdrehung gibt es z.B. auch in Silent Hill 2 oder in den letzten 3D-Zeldas. In WoW fehlen nicht nur Kopfbewegungen, es ist sogar so, daß der Körper eines Auftraggebers in eine feste Richtung geschaut hat, während er mit mir gesprochen hat. Eine Richtung, die nicht zu meiner Figur geführt hat. Wenn ich einen Feuerball werfe, dann dreht sich der Charakter nicht in die Richtung des Ziels. Der Feuerball wird erstmal in die falsche Richtung geschossen und mit einer Verzögerung von einem oder ein paar Frames ändert er abrupt seine Richtung.

Mein Problem mit der Grafik ist nicht, daß die primitiv und häßlich aussieht. OK, es stört mich, daß es häßlich aussieht. Der FarCry-Instincts-Editor-Look stört mich, weil
1. sich mit den Mindesthardwareanforderungen sich viel besseres anstellen lässt.
2. Blizzard mit dem Spiel Berge aus Geld machen aber wenn es darum geht, ins Spiel zu investieren, der billigste Weg genommen wird, ´der überhaupt vorstellbar ist.

Azurik oder WoW?

So habe ich mir den Prototyp für World of Warcraft vorgestellt aber nicht das Spiel an sich. Also laufen wir mal los und erledigen Dinge.

Training: Ich markiere ein Ziel, drücke auf die 1, warte 2 Sekunden, bis sich der Zauber wieder aufgeladen hat und drücke noch mal auf 1.

Erste Mission: Ich markiere ein Ziel, drücke auf die 1, warte 2 Sekunden, bis sich der Zauber wieder aufgeladen hat und drücke noch mal auf 1.

Zweite Mission: Ich markiere ein Ziel, drücke auf die 1, warte 2 Sekunden, bis sich der Zauber wieder aufgeladen hat und drücke noch mal auf 1.

Es ist super wie die Tutorial-pop-ins nicht an einer Stelle bleiben. Manchmal werden sie von der Inspiration erfasst und bewegen sich in die Nähe des Bedienelements, das sie zu erklären versuchen. Wenn man dann durch die Tutorial-Nachrichten blättern will, dann springt das Fenster manchmal hin und her. Das ist wie diese Internetseite mit dem Button, das man drücken soll und das immer vom Mauszeiger wegläuft. Obwohl die Fenster wie Fenster aussehen, kann man sie natürlich nicht manuell bewegen. Dafür gibt's ein Add-on sagt man mir.

Dann versuche ich Ausrüstung anzulegen. Die Icons neben meinem Körper sind so klein, daß ich mit der Maus rüber muß, damit mir das Tooltip sagt, um was es da überhaupt geht. Andererseits gibt es anderswo größere Icons, die ich auch nicht "lesen" kann. Ich hatte übrigens nicht die Proficiency (Beschlagenheit, Fertigkeit, Kenntnisse, Können, Tüchtigkeit), um eine bestimmte Leggings anzuziehen.

Ich kenne mich da natürlich nicht aus aber ich glaube selbst vor 15 Jahren gab es in japanischen Spielen das Feature, daß man, wenn man einen neuen Ausrüstungsgegenstand über einen getragenen "legt" das Spiel einem nicht nur sagt, wie die jeweiligen Werte sind sondern wie sich das auf die Werte auswirkt. Anscheinend gibt es auch dafür in WoW ein Plug-in. Und anscheinend wird das nicht mehr gebraucht, weil man dasselbe seit neuestem auch so mit der Shift-Taste erreichen kann. Die Frage ist, warum muß man dafür die Shift-Taste drücken?

Siebte Mission:
Ich markiere ein Ziel, drücke auf die 1, warte 2 Sekunden, bis sich der Zauber wieder aufgeladen hat und drücke noch mal auf 1. Manchmal leuchtet die 2 und dann benutze ich die, weil der Zauberspruch stärker ist. Die siebte Mission dauert eine halbe Stunde statt fünf Minuten, weil ich den Quest-Gegenstand, den ich auf irgendwelche Flaggen setzen sollte, irgendwie zerstört habe. Keine Ahnung wie. Ich bin wieder zum Questgeber gegangen und der hat mir keine neue Gegenstände gegeben. Er hat mir auch nicht angeboten, die Quest abzubrechen. Ich mache Feierabend.

Am nächsten Tag packe ich die Mission wieder an, diesmal mit Tante Lina online. Zuerst sagt sie, ich soll eine Option auswählen, die sie zu mir herteleportiert. Sie war da aber ausgegraut. Ich weiß nicht warum. Tante Lina fliegt manuell zu mir oder sowas und sagt, ich soll sie mit in die laufende Quest aufnehmen. Die Option ist auch ausgegraut. Ich weiß nicht warum. Dann hatte ich aber die Idee, ins Questmenü zu gehen und meine Quest abzubrechen. Dann gehe ich wieder zum Questgeber, nehme sie wieder auf und er gibt mir den Quest-Gegenstand. Videospiellogik wie aus den 80ern.

Achte Mission:
Ich soll den Boss der Gegner töten. Das ist eine große, häßliche Meerjungfrau, die von zwei kleineren Meerjungfrauen begleitet wird. Die große ist aber halb durchsichtig. Ich greife erstmal die erste kleine an. Weder die große, noch die andere kleine reagiert. Ich töte sie, dann greife ich die zweite kleine an und töte sie auch. Ich greife die dritte an und die lässt sich nicht angreifen. Dann suche ich rum und bemerke, daß ein Stück weit weg irgendwelche Kameraden stehen. Ich spreche sie an, Dialoge werden ausgelöst, sie laufen zu ihr und der Endgegner ist angreifbar.

Ich markiere den Endgegner, drücke auf die 1, warte 2 Sekunden, bis sich der Zauber wieder aufgeladen hat und drücke noch mal auf 1. Manchmal leuchtet die 2 und dann benutze ich die, weil der Zauberspruch stärker ist.

Irgendwann ist sie schwach und zieht aus Energiepools Energie zu sich. Ich markiere die Energiepools, schieße darauf und kriege vom Anführer gesagt, daß das nicht geht und ich den Endgegner angreifen soll.

Ich markiere den Endgegner, drücke auf die 1, warte 2 Sekunden, bis sich der Zauber wieder aufgeladen hat und drücke noch mal auf 1. Manchmal leuchtet die 2 und dann benutze ich die, weil der Zauberspruch stärker ist.

Irgendwann entscheidet sich das Spiel, daß es genug ist. Ein Teamkamerad nimmt sich die Energiepools vor und stirbt dabei. Eine halbe Stunde später, wenn ich vorbeilaufe steht der Endgegner und die Kameraden wieder an der selben Stelle. Drama!

(Drei Stunden später)

x-te Mission: Ich markiere den Endgegner, drücke auf die 1, warte 2 Sekunden, bis sich der Zauber wieder aufgeladen hat und drücke noch mal auf 1. Manchmal leuchtet die 2 und dann benutze ich die, weil der Zauberspruch stärker ist.

x+1-te Mission: Der Questgeber schickt mich zum selben Ort, den ich gerade eben von Wachen gesäubert habe, um einen Gegenstand zu holen. Ich laufe dorthin und sehe, daß die Wachen wieder respawnt sind.

Ich verlasse das Spiel.

(An dieser Stelle möchte ich mich bei Tante Lina bedanken, weil sie es mit mir aushält, obwohl ich mich über alles lustig mache, was sie mag.)

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