Samstag, 10. Oktober 2015

Japan Reise - Sonntag 29. März 2015

Der frühe Vogel fängt den Wurm und der frühe Tourist erwischt die Bahn, weil er erst nach Tokyo will und dann eine weitere Bahn nehmen muss, wenn er irgendwann in Kyoto ankommen will. Der frühe pflichtbewusste Tourist (so jemand wie Weibchen Nr 2) hat dann noch Zeit, die Sitze zu reservieren, die nötig sind, während weniger pflichtbewusste Touristen (ich) allein ein Yoshinoya-Besuch dazwischenschieben, weil sie mehr Hunger haben als die anderen, und andere pflichtbewusste Touristen (Freund und Weibachen Nr 1) noch kurz einen Einkauf erledigen und im letzten Moment kommen, weil sie den Weg im Bahnhof verloren haben. Argh!

Train McDuck!
Weitere Fun-Facts zum japanischen Bahnfahren: Auf dem Boden vom Bahnsteig sind gestaffelte Schlangen gemalt, so dass nicht nur die erste sondern auch die zweite Schlange weiß,wo sie zu stehen hat. Spacig! Habe ich schon erwähnt, wie bequem die Sitze sind und wieviel Platz man hat? Was mich auf dieser Fahrt aufgefallen ist, sind die Frauen, mit ihrem kleinen Wagen, die durchlaufen und Nüsse und Getränke verkaufen. Sie laufen zur Vorderseite des Zugs (grundsätzlich?) und wenn sie an der Tür angekommen sind, dann drehen sie sich um zu den Passagieren, machen eine kleine Verneigung mit einem Lächeln, auch wenn niemand zusieht und verlassen erst dann den Wagon. Das hat mich gleichzeitig mit soviel Freude und auch ein bißchen Trauer erfüllt. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, ihnen zuzuschauen, während sie ihre Verneigung machen, damit sie sich zumindest ein bißchen beachtet fühlen.

Mario & Luigi immer noch nicht durch.

Unser Hotel war in Naara aber es hätte sich nicht gelohnt, von Kyoto aus dorthin zu fahren und dann wieder zurück, deswegen ist erst der Kampf um Schließfächer ausgebrochen. Es gab einen halben Kilometer mit Schließfächern aber die waren trotzdem alle besetzt. Eine zusätzliche Schwierigkeit war, dass unsere Koffer so groß waren, dass unsere Auswahl noch zusätzlich beschränkt war. Also musste Team P eine Kombination aus Münzen beschaffen, offene Schließfächer "besetzen",  Search & Destroy Missionen ausführend, bis wir endlich alles untergebracht haben.

Der erste Eindruck war nicht so gut. Es lag vielleicht auch daran, dass das Wetter bewölkt war und es vielleicht noch leicht getröpfelt hat. Erster Besuch galt einem Riesentempel, der leer war. Die Baustelle daneben, das Wetter, die Nähe zum Stadtgeschehen haben zu einer unatmosphärischen, enttäuschenden Erfahrung beigetragen. Was mir an diesem Tempel aufgefallen ist und mir etwas Sorgen gemacht hat, war, dass er bedrohlich gewirkt hat wie es katholische und orthodoxe Kirchen gerne tun. Glücklicherweise waren die Besuche der anderen Tempel allesamt bessere Erfahrungen.

Neko Majin
Die Taxis in Kyoto sind konzentriertes Japan und vereinen viele der Eigenschaften, die man dort erwartet: Vornehmlichkeit, Konformität, Technologie. Es ist wahrscheinlich von der Taxigesellschaft vorgeschrieben, dass die Fahrer wie Chauffeure gekleidet sind, weil man die entsprechende Erfahrung hat. Wobei ich mir nicht sicher bin, ist, ob bei der Auswahl der Autos irgendwelche Regeln gelten oder ob sie alte, eckige Limousinen benutzen, einfach weil es sich gehört. Die Limousinen sind übrigens klein, weil wir in Japan sind. Wir walken also Richtung Manga Museum und dann hält ein Taxi an und Passagiere kommen raus und vergessen, die Tür des Taxis zu schließen. Für zwei Sekunden habe ich mit mir gekämpft, ob ich hinlaufe und die Tür zumache und dann geht die Tür von alleine zu. Das hat mich auf so vielen Ebenen vom Hocker gehauen. Es hat mich umgestossen, dann habe ich mich wieder auf dem Hocker gesetzt und dann hat es mich wieder umgehauen. Andere Pascos in Paralleldimensionen, die auf Parallelhocker saßen, sind ebenfalls umgehauen worden, selbst wenn dort kein Paralleltaxi existiert hat. WTF, Alde? Wer denkt sich sowas aus? Wer hält es für notwendig? Wieso haben altertümlich aussehende Autos so eine Funktion? Wieso machen die Passagiere auch noch mit und lassen die Tür offen, statt den nichtigen Aufwand zu betreiben und die Tür hinter sich zu schließen?

Im Mangamuseum sind wir angekommen etwa eine Stunde, bevor es zugemacht hat, und haben gleich das Handdesinfikationsmittel benutzt. Yeah! Die erste halbe Stunde fand ich etwas enttäuschend. Es gab zwar einen Künstler, der die Besucher in Manga-Figuren verwandelt hat, aber die war nicht sooo gut. Es gab einen Videovorführraum, der leer war und nichts vernünftiges gezeigt hat. Es gab Leseräume, die langweilig eingerichtet waren und der Laden mehr den Eindruck einer kontextlosen Bibliothek gemacht als etwas, das einem Geschichte beibringt. Fast zu spät habe ich einen Raum entdeckt, wo es eine durchnummerierte Erzählung der Geschichte und Methoden von Manga anhand von Beispielen gab und eine nach Jahren geordnete Sammlung der wichtigsten Mangas. Es gab auch einen Raum mit Mangas in verschiednen Sprachen. Ich hatte gerade noch genug Zeit, um die Geschichte durchzugehen aber zu dem Zeitpunkt wollte ich noch mehr sehen. Dieses "hätte ich das von vorne rein gewusst"-Gefühl hat mich bei einem großen Teil der Reise begleitet.

Das Foto vom Mangamuseum habe ich am nächsten Tag gemacht, als wir zufällig vorbeiliefen und es besseres Wetter gab. Das Gras ist nicht echt.
Wir haben gegessen und uns auf dem Weg zum Hotel in Naara gemacht. Koffer abgeholt, Zug verpasst, lang gewartet, sind wir Viertel vor 10 angekommen, so dass einer von uns zum Hotel joggen musste, weil sonst die Check-in Zeit vorbei wäre. Freund Nr 1 rennt los, wir walken hinterher, verlieren den Weg, kommen in der Nähe an und finden es nicht. Während wir gewartet haben, dass uns Freund Nr 1 findet, kam ein älterer japanischer Herr vorbei, der seinen Abendspaziergang gemacht hat und war in seiner lächelnden Freundlichkeit so überwältigend, dass er nicht akzeptieren wollte, dass er nicht helfen kann. Er wollte uns unbedingt helfen, das Hotel zu finden. Lustig.
Dann hat sich an Reh gezeigt und Weibchen Nr 1 war fasziniert, hat sich aber nicht getraut, sich zu nähern.

Die Hotelmitarbeiter waren auch ebenfalls überwältigend freundlich. Die Zimmer waren welche der traditionellen Sorte, bei denen man auf dem Boden sitzt und schläft. Hat Charme gehabt aber schön war es vor allem wegen der Aussicht nicht. Zwei Tage danach habe ich noch erfahren, warum es trotzdem sinnvoll ist, dass das Hotel dort existiert, wo es ist.

Weil Weibchen Nr. 1 aufmerksam ist und viel besser zu Menschen als ich, hat sie es zu unserer Mission gemacht, in den drei Viertel Stunde, die uns noch zur Verfügung stand, bevor das Hotel komplett zumacht, was zum essen und trinken zu kaufen, um in den Geburtstag von Weibchen Nr 2 zu reinzufeiern. Also laufen wir durch Naara, eine Stadt, die schon seit 20 min im Dunkeln kennen und holen uns aus so einem Supermarkt ein paar Süßigkeiten, die so sehr nach Kuchen aussehen, wie es nur geht, und Mikado-Stäbchen, weil wir keine Kerzen gefunden haben und was zum trinken. Im letzten Moment (schon wieder) kommen wir an, ziehen unsere Bademäntel an und feiern Geburtstag. Ich habe die Anweisungen über Teezeremonien gelesen und die mit meinem Wissen aus Karate Kid 2 verbunden, um sie auszuführen. Alle waren beeindruckt.

War schön.

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