Dienstag, 10. März 2009

Watchmen - der Film

pretentious = anmaßend, anmaßlich, anspruchsvoll, pompös, prätentiös, protzig, prunkhaft, unecht

Was hat "anspruchsvoll" darin zu suchen Herr dict.leo.org? Aber fangen wir lieber von vorne an, also mit Spider-Man 3. Spider-Man 3 hatte zuviele Charaktere, die mehr um Zeit auf der Leinwand gekämpft haben als um irgendwas anderes. Am Ende kamen sie alle zu kurz und das war einer der Gründe, warum man keine emotionale Bindung zu ihnen aufbauen konnte. Watchmen läuft nicht deutlich länger als Spider-Man 3 und hat fast doppelt soviele Charaktere abzuarbeiten.

Hat jemand von Watchmen gehört, bevor der ganze Hype losbrach?
Die Charaktere machen sich Gedanken darüber, ob die Welt es verdient, gerettet oder zerstört zu werden. Von dieser Welt sieht man nichts. Der Film hat generell das Problem, daß er nicht das macht, wofür Filme gedacht sind: zeigen. Stattdessen stellt er Avatare hin, die uns das erzählen, was der Autor für (philosophische) Gedanken hat. Wenn ich sowas sehen will, dann gehe ich aber lieber auf youtube und schau mir die Leute an, die ihre Webcam einschalten und die Welt an ihren Weisheiten teilhaben lassen. Und ihre Weisheiten brauchen sich nicht hinter denen der Watchmen zu verstecken.

Im Film gibt es einen Charakter, der unsterblich ist, quasi alles kann und alles wahrnimmt, sogar unabhängig davon, ob es in der Vergangenheit oder in der Zukunft passiert. Und was für neue Erkenntnisse bietet uns ein quasi-Gott mit einem angesammelten Wissen, das das eines normalen Menschen um ein unendliches Vielfaches übersteigt? Setzt euch lieber hin, denn gleich haut's euch um: Man könnte es eigentlich auch so sehen, als ob der Mensch eine Lebensform unter vielen wäre und nicht so wichtig wie gedacht, denn er übt nicht soviel Einfluß auf das Universum aus, wenn man es als ganzes betrachtet. Ich bin baff! Welch komplexe Zusammenhänge, höchst raffiniert dargestellt (ein blauer Mann erzählt uns drüber)! Subversiv! Voller Symbolik! Das ganze beweist zudem, daß ich ein Genie bin, denn solch philosophische Meisterleistungen habe ich erbracht, als ich 15 war.

Mal im Ernst, ich habe intelligentere Analysen des menschlichen Wesens in Dragonball gesehen und, wenn ich wieder einen Scanner habe, werde ich ein Beispiel hochladen. Watchmen tritt so auf, als ob es uns was zu erklären hätte, ist dafür aber nicht qualifiziert genug. Schlimmer noch, die Vorlesung im Kino dauert deutlich länger als eine echte Vorlesung im Saal einer Hochschule. Schaut euch mal Starship Troopers an, wenn ihr wissen wollt, wie es richtig gemacht wird, und...

leave Britney alone!

7 Kommentare:

Krystian Majewski hat gesagt…

Hm, habe ihn im KINO zwar nicht gesehen (dank YCs brillanter Planung) aber mein Eindruck war lange nicht so negativ. Vielleicht weil ich vorher das Buch gelesen und automatisch im die fehlenden Teile ergänzt habe.

Watchmen finde ich schwierig zu beurteilen. Jetzt vielleicht noch schwieriger. Einerseits versucht hier jemand aus dem Superheldengenre ein ganz anderes Niveau zu erreichen. Das ist ja nicht schlecht. Andererseits stolpert er dabei eben über das Superheldengenre. Es ist schwer das, was der blau leuchtender Mann sagt ernst zu nehmen. Andererseits sagt er aber vielleicht auch nichts was es sich lohnen würde ernst zu nehmen. Besser wäre es wenn er was gescheites sagen würde und nicht blau leuchten würde. Aber das wäre dann was vollkommen anderes.

Anonym hat gesagt…

Mir hat der gut gefallen, vielleicht liegt das aber auch daran, daß ich Alan Moore-Sachen immer etwas abgewinnen kann (Watchmen habe ich allerdings noch nicht gelesen), weil er relativ rücksichtslos und ohne Umschweife auch mal knallharte Entscheidungen zu Papier bringt (Rorschach macht *puff* oder wie Hyde Griffin in "League of extraordinary Gentlemen" umbringt). Zum anderen: Es ist eine Hollywoodverfilmung eines Comics, wie tiefgreifend kann hier die Diskussion sein, ob der Mensch gut oder schlecht ist? Gerade von einem Schlumpf ohne Hosen, der fern jeder Menschlichkeit ist. Er reagiert ja nur noch aus Wissbegier und einer Art Hoffnung heraus, irgendwie wieder Teil dessen zu werden, was er selber immer weniger versteht, warum er überhaupt Teil dessen sein will.

Insgesamt kann man dem Film natürlich vorwerfen, daß man geistig nicht herausgefordert wurde, keine neuen Erkenntnisse gesammelt hat und am Ende nur zur Unterhaltung im Kino war. Gerade letzter Part hat bei mir und drei weiteren durchaus funktioniert!

Pasco hat gesagt…

Ich glaube, ich wurde falsch verstanden. Ich habe kein Problem damit, wenn ein blauer Mann philosophiert. Ich habe ein Problem damit, wenn ich aufgefordert werde, überwältigt zu sein, weil es ein blauer Mann ist, der philosophiert. Krystian redet davon, mit dem Superheldengenre ein anderes Niveau zu erreichen, Don davon, daß Comics in der Regel nicht tiefgreifend sind. Das alles interessiert mich nicht. Ausschweifende Philosophie von 15jährigen für 15jährige wird nicht auf einmal interessant, weil sie ausnahmsweise von einem blauen Mann vorgetragen wird und damit angeblich irgendwelche Genregrenzen gesprengt werden.

Don:
"weil er relativ rücksichtslos und ohne Umschweife auch mal knallharte Entscheidungen zu Papier bringt (Rorschach macht *puff*"

Das passiert in Naruto und in sonstigen Mangas dauernd und seit Jahrzehnten. Und da stirbt nicht nur ein Hampelmann sondern Lehrer, Väter und Kinder.

Don:
"Zum anderen: Es ist eine Hollywoodverfilmung eines Comics, wie tiefgreifend kann hier die Diskussion sein, ob der Mensch gut oder schlecht ist?"

Das ist kein Comic sondern "the greatest graphic novel of all time" und da erwarte ich positiv überrascht zu werden. In der aktuellen Naruto-Story gibt es übrigens einen ähnlichen Bösewicht, mit ähnlicher Argumentation wie der in Watchmen aber da redet keiner von Genres, Grenzen, Niveau und "the greatest graphic novel of all time".

Wollt ihr mal Niveau sehen und zwar dort, wo man es nicht erwartet? Schaut euch Starship Troopers an für einen politischen Kommentar, JCVD über Heldentum und Mitgefühl, Sukiyaki Western Django, wenn es comichaft aber mitreissend, brutal und häßlich sein soll.

Unknown hat gesagt…

Mir wurde jetzt nicht so richtig klar, ob Du das Buch gelesen hast.

Das fand ich nämlich bedeutend besser als den Film. Man sieht mehr von der Welt und im Buch geht es bei der Philosophiererei von Dr. Manhattan eigentlich eher darum, seinen Konflikt darzustellen. Seine verbleibende Bindung zur Menschheit, so sie denn noch besteht.

Außerdem ging dem Film ab, dass Rorschach geradezu reaktionäre politische Ansichten hat. Im Film war er ein "Badass", im Comic ist er ein rechter Irrer.

cheers,

Alex

Krystian Majewski hat gesagt…

Pasco: Ich glaube du baust hier ein Strohmannargumment auf. Die Erkenntnisstand von Dr. Manhattan im TV Interview war sicher nicht weltbewegend, stellenweise einfältig. Das war aber nicht zwangsläufig die ausschlaggebende Szene des Filmes. Dr. Manhatten ist auch nicht zwangsläufig der Einsichtigste Charakter des Filmes.

Was das mit Dragonball und Starship Troopers zu tun hat entgeht mir. Die Themen der genannten Filme unterscheiden sich in meinen Augen zu sehr.

Wo ich dir zustimme ist dass Starship Troopers auch für die bessere Verfilmung halte da es sich fundamental von der Romanvorlage absetzt und eine vollkommene uminterpretierung des Materials wagt - und das ganze macht auch noch Spaß. Respekt und Hut ab dafür, da kommt Watchmen tatsächlich nicht ran.

Pasco hat gesagt…

Ich habe drei der zwölf Kapitel der "graphic novel" gelesen. Keine neuen Erkenntnisse bisher.

Dr. Manhattans Weisheit war auf dem Mars und nicht im Interview und ich habe es nur als Beispiel genommen. Seine Suche nach einer Verbindung zur Menschheit finde ich uninteressant, weil gutes Science Fiction Fragen stellt, die in der realen Welt relevant sind.

Blade Runner nutzt Menschen, Replikanten und Charaktere, von denen wir nicht wissen, was sie sind, um die Frage zu untersuchen, was einen Menschen ausmacht. Watchmen benutzt Superhelden, um welche Frage zu untersuchen, die in der realen Welt relevant ist? Ob der Mars ein besserer Wohnort ist für jemanden, der blau leuchtet und unsterblich ist? Ob es Normalbürgern verboten werden sollte, sich zu maskieren und Kriminelle zu jagen?

Der Unterschied zwischen Watchmen und alle Gegenbeispiele, die ich gebracht habe ist folgender. In guten Filmen wird ein Kommentar über die menschliche Natur und das Verhalten gemacht, indem es in jeder Facette gezeigt wird. In Watchmen werden Kommentatoren hingestellt, die über das menschliche Verhalten reden. Menschen gibt es in dem Film nicht.

Krystian Majewski hat gesagt…

Hm, Watchmen ist nicht so einfach auf eine Aussage herunterzubrechen. Es werden sehr unterschiedliche Themen angesprochen.

Ganz oberflächlich das Thema welchen Preis ein Utopisches Ziel wie "Weltfrienden" Wert ist. Und ob es ethisch vertretbar ist etwas wie "Gerechtigkeit" aufrecht zu erhalten wenn dabei unschuldige Leiden würden.

Im Grunde wird hier aber der gesamte Mythos Superheld aufgearbeitet und hinterfragt. Moore zeigt unter anderem auf dass die Probleme der Welt im Grunde zu komplex geworden sind um die Idee von Helden zu unterhalten. Dabei wird eigentlich recht systematisch die Geschichte der Vereinigten statten abgearbeitet und immer hypothetisch nachgefragt: "Wie hätte man das idealerweise lösen können". Das Ergebnis ist dass die heutigen Herausforderungen sich um moralische, kulturelle und politische Konsequenzen unserer Taten drehen, nicht um die Schwierigkeit Taten selbst. Deswegen "Who Watches the Watchmen". Auch ein Gott auf Erden kann uns nicht retten. Es gibt nicht nur keine Helden, es könnte sie auch gar nicht geben. So gesehen ist Watchmen einem Dragonball ziemlich voraus.

Das finde ich aber auch so ein bisschen abgehoben. Mir haben die "kleinen" Sachen gefallen. Die widersprüchliche Beziehung zwischen The Commedian und Silk Spectre ist interessant. Allgemein geht es bei dem Manhattan S
subplot um den Paradoxon dass sich Menschen und ihre Meinungen im Laufe der Zeit radikal verändern können und dennoch die gleiche Person sein können. Manatten sieht die Vergangenheit und Zukunft simultan und erfährt das viel klarer als seine Mitmenschen. Er steht unter anderem deswegen etwas außen vor.

Im übrigen ist deine Interpretation von Blade Runner vom Film geprägt. Dem Buch fehlt die von dir zusammengefasste Klarheit der Aussage. Und es kommen ganz andere Themen hinzu. Man könnte sagen das Buch sei mehr Watchmen.