Ist sonst jemand außer mir davon ausgegangen, daß mit Assassin's Creed 3 die Geschichte von Desmond zum Abschluß gebracht wird? Falsch gedacht! Hat jemand damit gerechnet, daß es spielerisch das schlechteste Assassin's Creed sein wird? Ich nicht aber so ist es. Oder auch nicht. Es hängt davon ab, ob man nervige Spielelemente (AC1) oder sich ausbreitende Gehaltlosigkeit und Bugs (AC3) als das größere Übel betrachtet.
Obwohl Assassin's Creed 3 die längste Entwicklungszeit von den letzten drei Teilen genossen hat, wirkt es am meisten unfertig. Es ist überraschend, wie groß der Teil des Spiels ist, der verlangt, daß man eine größere Strecke hinter sich legt, nur um dann auf die B-Taste zu drücken. Es gibt Nebenmissionen, wo man Briefe abholt und dann verschiedene Stellen auf der Map erscheinen, wo man die Briefe liefern soll (indem man hinläuft und B drückt). Dann findet man Leute im Wald um ein Feuer herum gesammelt, drückt B, um sich eine Horrorgeschichte anzuhören, man geht irgendwo hin und drückt B, um herauszufinden, daß es doch Menschen und keine Geister sind. B!
Die Map wird inzwischen nur zur Hälfte dadurch freigeschaltet, indem man auf Türme und Bäume klettert. Den Rest der Karte, der dann noch übrigbleibt, muß man ablaufen (systematisch abgrasen) um damit auch Nebenmissionen sichtbar zu machen, die teilweise wichtig sind. Noch langweiliger wird das ganze gemacht, indem es Bäume zu klettern gibt, die einen identischen Astbau haben, oder ein halbes Dutzend Türme, die identisch aussehen.
Selbst die Hauptmissionen laufen Call of Duty-mäßig ab. Es sind nacheinander Pfade markiert, wo man hinlaufen soll, oder Personen markiert, die man verfolgen soll, oder Zwischenziele markiert, alles mit Zwischensequenzen dazwischen und vorherbestimmt. Selbst wenn man den Eindruck kriegt, seine Herangehensweise selbst bestimmen zu dürfen, trotzt das Spiel dem Spieler. An einer Stelle braucht man eine Wachenuniform und muß deswegen eine Wache ausschalten. Das Spiel bestimmt aber selbst, welcher es sein muß. Dann ist auch eine Mannschaft von anderen Wachen in der Nähe, die im Kreis um einen Heuwagen marschieren und mit der Zielperson mit einem unsichtbaren Schalter verbunden sind. Sobald man die Zielperson tötet, werden die anderen Wachen auf den Spieler aufmerksam, egal wie weit sie sind und in welche Richtung sie schauen. Die Regeln, nach denen das Spiel sonst funktioniert, haben keine Gültigkeit mehr, weil das Spiel will, daß man die Wachen erst ablenkt, bevor man die Zielperson ausschaltet und eine andere Vorgehensweise nicht akzeptiert wird. An einer anderen Stelle will das Spiel nicht, daß man jemanden von oben tötet statt von Bodenhöhe aus, also erlaubt es das nicht, indem es kein Lock-on macht. Das passiert öfter.
Die Aufmerksamkeit, die die Wachen einem schenken, hängt von der Berüchtigkeit ab, die steigt, je mehr Leute man tötet. Selbst wenn sie auf 0 ist, wird man manchmal von Wachen verfolgt, weil das Spiel buggy ist. Entkommen ist ungleich anstrengender als in vergangenen Teilen, weil es kaum Verstecke gibt.
Die erste Hälfte des Spiels ist ein langweiliges Tutorial und das nachdem Ubi-Soft zugegeben hat, daß das Tutorial in Assassin's Creed 2 zu lang ist und deswegen Brotherhood einen kompakteren Anfang hatte. Das Tutorial ist trotzdem unklar und erklärt Sachen über das "Homestead", die man zum Zeitpunkt der Erklärung gar nicht machen darf. Läden sind zu rar. Man hat nicht mehr eine Vorschau der Kostüme, die man kaufen kann, sondern eine textuelle Beschreibung der Farben!?
Zumindest sind die Schiffskämpfe richtig nett. Durch die Bewegungen und die Geräuschkulisse hat man ein ziemlich gutes Gefühl des Schiff-auf-Wassers und das Abschießen der gegnerischen Schiffe folgt dynamischen Abläufen und ist befriedigend. Aber genug des Lobes!
New York ist langweilig. Boston ist die langweiligste Location von jedem Assassin's Creed Spiel und sieht bei ungünstigen Lichtverhältnissen wie aus Heretic aus. Zudem ruckelt es dort ständig. Nachdem von Brotherhood zu Revelations das ruckeln reduziert wurde, sind wir wieder zurück zu starken Schwankungen. Komischerweise ist das Bild angenehmer im Wald als in verhältnismäßig objektarmen Gegenden, weil eine hohe Objektdichte die Level-of-Detail Übergänge versteckt. In den Orten, wo am wenigsten zu zeichnen ist, gibt es die größte Menge an sichtbaren Pop-ups, weil der aggressive Level-of-Detail Algorithmus nicht darauf parametrisiert wurde.
Die Laufanimationen des eigenen Charakters sind die besten, die es je in einem Spiel gegeben hat, weil sie sich darum gekümmert haben, daß der Charakter auf Richtungsänderungen richtig reagiert und sich mit den Füßen vom Boden abstößt und das Gewicht richtig verlagert, bevor er seine Richtung ändern kann. Endlich passen sich die Schritte auch der Steigung des Bodens an. Die Kletteranimationen sind auch gut. Der Rest sieht entweder mechanisch aus (NPCs) oder sind schlampig umgesetzte Motion Capture Animationen (Kämpfe), die keine Rücksicht auf die Umgebung nehmen.
Die Musik ist zu unauffällig. Desmond ist langweilig, Connor ist eine Dumpfbacke. Ihre Geschichten sind wirr und führen nirgendwo hin. Die jeweiligen Abschlüsse sind unbefriedigend.
Frohes neues Jahr!
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