Dienstag, 12. Oktober 2010

Bayonetta Review

Ah, Bayonetta! Du bist so sexy mit deinen Mutantenproportionen bei denen der Abstand von der Hüfte bis zum Knie länger ist als dein ganzer Oberkörper. Deine verpixelte Unterwäsche macht mich an. Ich kriege nicht genug von deiner ich-weiß-ich-bin-Trash-aber-es-macht-Spaß Attitüde. Ich fühle mich so bestätigt in meinem Rebellentum gegen high-brow-Coen-Brüder-Humor, indem ich mich bewußt und dauerhaft (also 40 min lang in dem 40 min langen Intro) dem selbstbewußten low-brow-Humor (also meta-high-brow-Humor) hingebe. Den aufgeblasenen Deppen, die sich zu fein für etwas T&A sind, habe ich's gezeigt. Sie denken, sie sind besser als ich, aber ich bin noch besserer als sie.

Bayonetta, ich kann nicht anders als mich zu dir hingezogen fühlen, wenn du mit jedem Satz in den dreistündigen Zwischensequenzen Verachtung zum Ausdruck bringst für alles, was nicht du ist. Ich will dich berühren aber du lässt mich nicht. Ich will dein Chesire sein, auch wenn ich nicht weiß, was das ist. Du bist unerreichbar. Dir kann nichts was anhaben. Die Stelle, wo du auf das Auto des kleinen, dicken, geschwätzigen Typen mit der hohen Stimme landest, die Musik aufhört, er sich eine halbe Minute lang mit seiner Quieckstimme beschwert, dann die Musik langsam wieder einsetzt und das Spiel weitergeht? Urkomisch! Die Stelle, wo der Verkäufer den Verkäufer von Resident Evil 4 imitiert und dann extra erwähnt, daß er es von einem Spiel hat, für den Fall, daß wir es nicht kapiert haben... Ich schmeiß mich weg. Ich schmeiß mich weg mit dem Kopf voran gegen die Wand und das wiederholt, daß ich die Erinnerung an dieses Spiel verliere. Zur Sicherheit haue ich mir ein paar Nägel in den Kopf hinein.

Die Proportionen...

Ich kann mich nicht erinnern, in meinem Leben jemals so beleidigt worden zu sein. Kamiya schafft es durch das Medium des Videospiels und das war ...nicht zu erwarten. Was ebenfalls nicht erwartet habe, ist, daß das ganze spielerisch so schlecht ist. Im Gymnasium hat man uns gesagt, daß Computer das EVA-Prinzip implementieren: Eingabe - Verarbeitung - Ausgabe. Bayonetta versagt bei der Eingabe und der Ausgabe. Was sich dazwischen abspielt, spielt dann eh keine Rolle mehr aber wie es der Zufall so will, ist das Kampfsystem auch eindimensional und langweilig.

Was mit der Ausgabe nicht stimmt, ist schnell erklärt. Sobald man gegen mehr als einen Feind kämpft, erkennt man nicht mehr, was auf dem Bildschirm passiert. Glänzende Gliedmaßen mit glänzenden Waffen, blinkende Lichtspiele, die Angriffe ankündigen oder unterstreichen überzeichnen einander und vermischen sich, die Kamera schaut in die falsche Richtung, irgendwo kommt ein Riesenfuß aus dem Nichts raus und verschwindet wieder, Bayonetta ist nackt, nein, doch nicht. Davon abgesehen, daß die Bildschirmausgabe funktional versagt, ist das Spiel häßlich. Unterschiedliche Texturauflösungen sitzen nebeneinander, Primitive und Effekte sind willkürlich zusammengewürfelt, der Wind und der Himmel entpuppen sich (z.B. im Hafen) als platte Ebenen, die ohne Sorgfalt aufeinanderprallen, sobald man nach oben schaut.

Was mit der Eingabe dämlich gelöst ist, ist, daß der Combobaum sich hauptsächlich auf zwei Arten verzweigt:
- indem man sich bei jedem Schlag für einen Schlag oder Tritt entscheidet.
- indem man eine Pause zwischen den Eingaben macht.
Das Problem ist, daß Bayonetta wie jedes Prügelspiel kleine Pausen bei jedem Treffer einbaut, um den Spieler Feedback zu geben, daß er getroffen hat. Das bedeutet, daß die Länge der Pause, die der Spieler in seiner Combo einbauen muß, um richtig abzuzweigen, sich unterscheidet, je nachdem, ob man trifft, nicht trifft oder sich im Slow-Motion Modus befindet. "Überflüssig" ist das netteste, was ich darüber sagen kann.

Gute Spiele wie Ninja Gaiden machen ihr System facettenreicher, indem sie einem viele Möglichkeiten geben, mit den Gegnern umzugehen. Man kann blocken, ausweichen, parieren. In Bayonetta kann man nur parieren, was in einen in den Slow-Motion-Modus versetzt. Um effektiv zu verteidigen, hat man keine andere Wahl, als das Timing jedes Angriffs jedes Gegners zu lernen. Was später passiert, ist nur für den Score wichtig. Bayonetta schafft dann das ganze noch platter zu machen, indem es Gegner einführt, die kein Slow-Motion auslösen.

Die Eingaben, die Ausgaben und die Einbahnstraße, die sich Kampfsystem nennt, verlangen vom Spieler, daß er die Bayonetta-Fremdsprache lernen muß, um mit dem Spiel vernünftig zu kommunizieren. Ich sage "Fremdsprache", weil es ähnlich viel Aufwand für den Spieler bedeutet, wie eine Fremdsprache zu lernen. Ich habe das Spiel beendet (ich könnte mir dafür selbst eine reinhauen) und habe die Sprache immer noch nicht gelernt. 15 Stunden Frust auf dem Konto.

Bayonetta ist schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht, schlecht ...und am Ende gibt es eine Tanzeinlage wie die von Cameron Diaz in Charlie's Angels: eine schlechte Tanzeinlage. Wer Bayonetta mag, kann sich also ruhig Charlie's Angels anschauen. Es ist das filmische Äquivalent dieses Spiels.

Ich sollte auf mich selbst hören. Dafür ist dieses Blog da.

4 Kommentare:

HomiSite hat gesagt…

Hm, also Bayonetta habe ich noch nicht beendet, aber mir gefällt's, während ich die Charlie's-Angels-Filme deutlich schlechter fand :-).

Deine Kritikpunkte sind aber alle valide, nur würde ich sie nicht so stark gewichten (aus der Sicht eines eher durchschnittlich begabten Actionspielers).

Frust kam mir fast nur bei einigen Endgegnern auf, denn dort ist die Kamera gerne mal verloren. Ansonsten erfreue ich mich am Trash-Charme, dem angedrehten Design, dem im Kern simplen, aber funktionalen Kampfsystem, der insgesamt gelungenen Grafik (wann nimmt man denn bitte einzelne Texturen besonders wahr, außer man steht extra davor?).

Pasco hat gesagt…

Wie jetzt, du bist anderer Meinung und akzeptierst trotzdem meine Kritikpunkte? Das hier ist das Internet. Krieg!

Ob Texturen insgesamt etwas niedriger aufgelöst sind (wie in Killzone 2) stört mich nicht so sehr. Wenn nebeneinander liegende Texturen sich in ihrer Auflösung deutlich unterscheiden, dann findet ein Bruch statt und das ist auffällig. Das ist zum Beispiel in diesen fliegenden halbtransparenten Plattformen der Fall oder bei der nackten Bayonetta.

Michael hat gesagt…

Irgendwie bin ich nicht überrascht.

Pasco hat gesagt…

Das einzige, was mich überrascht ist, daß das alles vorhersehbar war, und ich mich nicht daran hindern konnte, das Spiel zu kaufen und durchzuspielen. Es ist jetzt das erste Spiel seit Jahren, das ich wieder verkauft habe. OK, MadWorld habe ich verschenkt.