Samstag, 15. Oktober 2011

Enslaved

Das bißchen was, das ich über das Spiel gelesen habe, sagt mir, daß es nicht als besonders hübsch bei Menschen ankommt. Das wundert mich, weil ich es für das hübscheste aktuelle Spiel halte, zumindest solange es sich nicht bewegt. Bonuspunkte kriegt es dafür, weil es mir zeigt, was für eine Farbpalette mein Fernseher beherrscht. Ich habe ohne Übertreibung gedacht, daß es bei meinem Fernseher einfach nicht geht, in Spielebildern alle Details zu erkennen, wenn mittags die Sonne scheint, bis ich dieses Spiel eingelegt habe, das die für andere Spiele unerreichbare Errungenschaft für sich beansprucht, nicht scheißdunkel zu sein. Alle doof außer Carmack.

Nicht nur, daß Enslaved eine gute Bildkomposition, schöne Oberflächen und für Spiele überzeugende Mimik bietet, die Welt schafft das, was Half Life 2 laut Entwicklerkommentaren versucht, bei mir aber nicht wie beabsichtigt ankam: mit der Umgebung eine Geschichte zu erzählen. Man kommt an Stellen vorbei, deren Dekoration einem sagt: hier hat jemand gelebt, hier hat er gearbeitet, hier gespielt, hier hat er sich hingesetzt, um die Aussicht zu genießen. Nur Uncharted 2 ist in dieser Hinsicht vergleichbar. Was ist mit dem Rest des Spiels?

Enslaved benutzt die Prince of Persia Spielvorlage, verbindet Klettereinlagen, leichte Rätselkost und Kämpfe, die etwa auf dem Niveau von Kung Fu Chaos sind von der Komplexität und von der Qualität der Implementierung her, nur daß die Spielereien mit der Umgebung fehlen, also eine Dimension des ganzen. Also doch nicht so komplex. Der Rest des Spiels ist leider nicht gut implementiert. Die Kletterpassagen sind trivial, weil man bis auf wenige Ausnahmen nicht verlieren kann. In ein paar Stellen im vorletzten Level muß man etwas Timing benutzen, um Feuer aus feuerspuckenden Wänden auszuweichen. Wenn allerdings drei-vier hintereinanderliegende Haltepunkte mit Feuer bespuckt werden, dann muß man immer noch nur auf das Timing vom ersten achten und dann auf die Sprungtaste hämmern. Die restlichen Feuerfallen bilden dann immer eine grüne Welle, die einem garantiert durchzukommen, wenn man den ersten Haltepunkt richtig getimt hat. Das ist eins der offensichtlichen Beispiele, die das Unverständnis der Designer demonstrieren, wenn es darum geht, was ein gutes Spiel ausmacht.

Ein anderes omnipräsentes Beispiel ist die Verteilung der Geldkugeln in den Levels. Sie liegen nicht im Hauptweg oder um alternative oder geheime Wege aufmerksam zu machen oder in schwer erreichbaren Stellen (die gibt es nicht) sondern am Rand des Spielfelds. Wenn man also viel Geld haben will, dann muß man den Rand jeden Spielareals ablaufen. Ich habe keine Worte dafür, wie langweilig das ist. Die leuchtenden Geldkugeln sind sogar stellenweise ein besseres Indiz dafür, wo das Spielareal aufhört als die Umgebung an sich. Dank unsichtbarer Wände und einer Umgebung, die einem nichts darüber sagt, auf was man klettern kann und auf was nicht, sucht man manchmal verzweifelt nach irgendeinem senkrechten rohrförmigen Ding, das im Zweisekundentakt glänzt. Das ist das Zeichen, daß es da nach oben geht. Hmpf!

Die Rätsel halten einen kaum auf, man spult sie nur ab und ist langsamer unterwegs als wenn man das Mädchen nicht alle paar Sekunden veranlassen würde, irgendwas zu machen.

Die Animationen sind zittrig, sobald es Übergänge gibt, es gibt reichlich Skating und die Framerate ist bodenlos. Enslaved macht Heavenly Sword die Krone des ruckeligsten quasi-Prügelspiels streitig. Die Auflösung der Geschichte am Ende des Spiels ist völlig Banane und die Sklaven werden vom Verhalten her völlig anders dargestellt als der eine am Anfang. In der ersten Hälfte des Spiels hat die Geschichte allerdings ein paar gute Momente.

Ich würde das Spiel so gern mögen aber es darf halt nicht so aussehen und sich so anfühlen, als ob es gleich auseinanderfällt, jedesmal, wenn sich etwas bewegt. Meine Voraussage ist, daß Ninja Theory keinen Publisher mehr finden wird, nachdem die DmC-Verkaufszahlen Capcom enttäuschen und sie dann den Weg des Grin gehen werden. Sie haben schon ihre Partnerschaften mit Microsoft, Sony und Namco nicht am Leben erhalten können. Wer bleibt dann noch für den sie lineare Action-Adventures machen können? Ubi-Soft hat ihr eigenes Prince of Persia, THQ hat Itagaki, Eidos hat Crystal Dynamics für Tomb Raider, Activision macht nur noch Call of Duty. EA? Vielleicht machen sie noch ein paar Marvel-Filmumsetzungen für Sega, bevor sie sich auflösen.

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